Heidemarie Mundlos

Heidemarie Mundlos zum Thema: "Menschen mit Behinderung"

Rede im Niedersächsischen Landtag am 08.09.10 in der Plenarsitzung

Menschen mit Behinderungen haben in den letzten 50 Jahren ständig Veränderungen im Hinblick auf Teilhabe und Lebensqualität erlebt.......



Was vor 40 Jahren Standard war, ist längst überholt.
Zwischen damals und heute liegen Welten- Gott sei Dank!
Frau Helmhold, Menschen mit Behinderung leben mitten unter uns.
 
(Zuruf von Ursula Helmhold.) 

Das müssen Sie jetzt schon ertragen, wir haben Ihnen ja auch zugehört.

Wir begegnen ihnen im Schimmbad, beim Einkaufen, bei Schulfeiern, in Autohäusern, u.a. auch dann, wenn Spezialangebote extra für Menschen mit Behinderung gemacht werden. Wir erleben sie in Vereinen, im Theater und an anderen Orten.
Zu dem, was Sie hier über Krankenhäuser gesagt haben, kann ich nur sagen - und ich kenne viele Krankenhäuser; aufgrund meiner Tätigkeit hier im Landtag sicherlich mehr als der Durchschnittsbürger-: Mir ist bis jetzt nicht ein einziges Krankenhaus in Niedersachsen untergekommen, das nicht barrierefrei wäre. Was Sie gesagt haben, Frau Helmhold, weise ich scharf zurück.

(Zustimmung bei CDU und FDP!)

Zu weiteren Veränderungen: Positiv ist, dass es nicht mehr die Gesunden allein sind, die Maßnahmen für Menschen mit Behinderung entwerfen und umsetzen. Zum Beispiel bei der Niedersächsischen Lebenshilfe - wie natürlich auch in anderen Verbänden - sitzen Betroffene zunehmend in den Vorständen, und das ist gut so.
Da hier der Eindruck erweckt wird, auf der einen Seite des Hauses würde man sich besonders intensiv mit dem Thema Menschen mit Behinderung befassen, kann ich für die andere Seite, für CDU unf FDP nur feststellen: Viele Abgeordneten sind Mitglieder in Organisationen, die sich um Menschen mit Behindrung kümmern, z.B. in der Lebenshilfe.
Frau Helmhold, für uns ist das allerdings so selbstverständlich, dass wir es nicht ständig so raushängen lassen müssen wie Sie.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn sich Deuschland zur Einhaltung und Umsetzung der UN Behindertenrechtskonvention verpflichtet, dann gilt das auch für Niedersachsen. Das heißt aber nicht, dass wir erst jetzt, nach Unterzeichnung dieser Konvention, damit beginnen, uns in der Politik für Menschen mit Behinderung einzusetzen; denn das galt natürlich schon lange vor dieser Verpflichtung.
Mein Dank geht insbesondere an die Landesregierung und die Fachmitarbeiter im Ministerium, die hier sehr konstruktiv mitarbeiten. Der Dank geht natürlich auch an die Verbände, die uns immer wieder auf bestimmte Dinge aufmerksam machen. Hier wir der Dialog gelebt und gespflegt.
Konkret erinnere ich an das Persönliche Budget und an das Budget für Arbeit, Bei beidem war und ist Niedersachsen Vorbild - auch für andere Bundesländer.
Interessant ist auch, dass im Abschlussbericht des Modellvorhabens Persönliches Budget z.B. steht, in den Köpfen muss ein Umdenken stattfinden.
Das gilt natürlich nicht nur für die Politik, sondern für die Gesellschaft insgesamt. Damit richtet es sich natürlich auch an die Betroffenen selber.

Weil Sie Rheinland-Pfalz so herausheben,

(Zuruf von SPD: ein wunderbares Land!)

darf ich einmal darauf hinweisen, dass im Jahr 2008 Niedersachsen neben Rheinland-Pfalz das einzige aktive Bundesland beim Budget für Arbeit war. Also genießt Rheinland-Pfalz hier überhaupt kein Alleinstellungsmerkmal.

(Zuruf der CDU: So ist es!)

Was nun Aktionspläne anbelangt, ist die Landesregierung schon seit Monaten im Gespräch mit allen Beteiligten, mit den Kommunen und auch
mit der Bundesregierung. Wir haben unsere Dialogfähigkeit bei der Entwicklung des NGG unter Beweis gestellt. Vieles von dem, was uns die Verbände, also die Betroffenen, gesagt haben, ist eingeflossen.
Dafür gab es auch Anerkennung. Das ist belegbar.
So wird es auch bei der Evaluation und bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sein. Uns ist diese Art des Miteinanders wichtig.
Lassen Sie mich noch einige Worte zum Thema Inklusion sagen. Der Kultusminister hat hierzu unlängst ein Konzept angekündigt, warten wir dieses Konzept doch ab! Nur so viel: Niedersachsen hat im Verbleich mit anderen Bundesländern eine der niedrigsten Förderschulbesuchsquoten überhaupt. Vielleicht kann man das auch einmal anerkennen.
Eindrucksvoll ist das auch in einem GEW-Gutachten bestätigt worden.

Der entscheidende Maßstab muss auch bei Inklusion stets das Kindeswohl sein. Ich kann mich daran erinnern, dass man das in Norwegen - Sie haben an der Ausschussreise teilgenommen - gut beobachten konnte.
In Norwegen gibt es sowohl Inklusion als auch Förderschulen, als auch eine Kombination von beidem. Nur so kann man den Menschen, die hier Bedürfnissen haben, am Ende auch wirklich gerecht werden.

Meine sehr geehrte Damen und Herren,
wer Menschen mit Behinderung eine optimale Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen will, macht sich auf einen langen Weg.
 
(Ursula Helmhold: Das ist völlig klar! Deswegen brauchen wir einen Aktionsplan!)

In Niedersachsen ist vieles erreicht. Vieles ist in Bewegung. Beispielsweise gehen beim Budget für Arbeit auch Firmen offen auf Menschen mit Behinderung zu und nehmen das Thema ernst.

Was uns noch begleiten wird, ist die Frage des Umdenkens. Daran müssen wir arbeiten. Sicherlich wird auch die Frage der Finanzen im Raum stehen. Außerdem werden wir immer wieder Erreichtes bewerten und überdenken sowie neue Ansätze würdigen und wagen müssen. Das muss stets in Absprache mit den Menschen mit Behinderung geschehen - getreu dem Motto: mit Ihnen und nicht über ihre Köpfe hinweg.
Frau Helmhold, eines muss klar sein: Der Prozess, der hier abläuft, ist dynamisch und wird vermutlich nie enden. Fakt ist: Wir sind mittendrin. Das Thema steht im Fokus. Dorthin gehört es auch.
Obwohl es dieses Antrages nicht bedurft hätte, freue ich mich auf die Beratungen im Ausschuss; denn dies gibt Gelegenheit, die guten, vorbildlichen Maßnahmen unserer Landesregierung deutlich zu machen und zu besprechen.

Vielen Dank!