Heidemarie Mundlos

Nachwuchs für die Berufsfeuerwehren in Niedersachsen

Die Nachwuchsgewinnung für die Berufsfeuerwehren in Niedersachsen ist entscheidend für die Aufrechterhaltung des professionellen Brand- und Katastrophenschutzes in der Fläche.                                mehr....
......Die Berufsfeuerwehren haben jedoch mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen. Gerade in Zeiten, in denen die Wirtschaft boomt, finden die Berufsfeuerwehren kaum Nachwuchs, so der Sprecher der Berufsfeuerwehr Hannover, Alfred Falkenberg. Insbesondere die Landeshauptstadt Hannover hat mit über 600 Einsatzkräften die stärkste Berufsfeuerwehr und damit die stärksten Nachwuchsprobleme. Wie dem Weser-Kurier vom 22. Januar 2011 zu entnehmen war, startet in Hannover, Wilhelmshaven, Hildesheim und Salzgitter im Herbst eine Ausbildungsoffensive des Landes Niedersachsen. Ziel dieser Ausbildungsoffensive
ist es, Schülern mit dem erweiterten Realschulabschluss die Möglichkeit zu öffnen, direkt bei den Berufsfeuerwehren einzusteigen.

Dieses Modell funktioniert jedoch nur im Einklang mit der Laufbahnverordnung, weshalb ein Berufseinsteiger bei der Berufsfeuerwehr über eine abgeschlossene Ausbildung verfügen muss. In Zusammenarbeit mit einem Ausbildungsdienstleister will man die angehenden Feuer¬wehrleute in 18 Monaten zum Industrieelektriker ausbilden und sie anschließend
von der Industrie und Handelskammer prüfen lassen. Damit besäßen die jungen Feuer¬wehr¬leute eine Ausbildung, die es ihnen ermöglicht, auch außerhalb der Feuerwehr einen Beruf zu erwählen. Im Anschluss würden die Auszubildenden als Beamte auf Widerruf eingestellt und in mehrmonatigen Einsatzpraktika und Speziallehrgängen ausgebildet und auf die Prüfung an der Niedersächsischen Akademie für Brand- und Katastrophenschutz in Celle vorbereitet.

Der innenpolitische Sprecher der Abgeordnete Biallas (CDU) hat der Landessregierung 3 Fragen gestellt::
1.    Wie viele Nachwuchskräfte werden derzeit pro Jahr für die Berufsfeuerwehren in Nieder¬-  
      sachsen gewonnen, und genügen derzeit die Neueinstellungen, um die Anzahl der
      altersbedingt ausscheidenden Berufsfeuerwehrleute zu kompensieren?
2.    Wie schätzt die Landesregierung die Nachwuchsentwicklung in den kommenden Jahren
      vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ein, und welche Regionen sind in  
      Niedersachsen gegebenenfalls von Nachwuchsproblemen bei der Berufsfeuerwehr
      betroffen?
3. Wie und mit welchen Maßnahmen will die Landesregierung die Gewinnung von Nach¬
     wuchs¬kräften für die Berufsfeuerwehr unterstützen?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Fragen:

Die Berufsfeuerwehren nehmen die Aufgaben des Brandschutzes nach § 8 des Nieder-sächsischen Brandschutzgesetzes in Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern in Verbindung mit § 4 NBrandschG wahr. Andere Gemeinden können eine Berufsfeuerwehr aufstellen. In Niedersachsen unterhalten die Städte Braunschweig, Cuxhaven, Göttingen, Hannover, Hildesheim, Oldenburg, Osnabrück, Salzgitter, Wilhelmshaven und Wolfsburg Berufsfeuerwehren.
Die Aufgabenerfüllung erfolgt im eigenen Wirkungskreis. Die Nachwuchsgewinnung obliegt somit jeder Kommune und wird entsprechend der Werbung, Auswahl bzw. Auswahlverfahren und Einstellungsmodalitäten eigenständig organisiert. Die Regelungen des Niedersächsi¬schen Beamtenrechts und der Niedersächsischen Laufbahnverordnung müssen eingehalten wer¬den, da nach § 9 NBrandschG die im Brandbekämpfungs und Hilfeleistungsdienst (Einsatzdienst) tätigen Angehörigen der Berufsfeuerwehren in der Regel Beamte sind.

In der Studie des Ministeriums für Inneres und Sport zur „Sicherstellung des Brandschutzes in Niedersachsen unter besonderer Berücksichtigung des demografischen Wandels“ wurde auf-gezeigt, dass der Nachwuchsgewinnung zur Sicherung der Leistungsfähigkeit und Ein-satzbereitschaft der Feuerwehren eine große Bedeutung zukommt. Derzeit sind die Feu-erwehren in Niedersachsen leistungsstark aufgestellt. Den zukünftigen Prognosen tritt die Lan-desregierung frühzeitig entschlossen entgegen und unterstützt die Kommunen in Maßnahmen zur Sicherstellung des Brandschutzes.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Exemplarisch für die Gewinnung von Nachwuchskräften wird nachfolgend die Ausbildung von Brandmeisteranwärterinnen und -anwärtern in der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt der Fachrichtung Feuerwehr beleuchtet, da diese Laufbahn ca. 90% des Personalstammes abdeckt. Eine konstante Zahl an Einstellungen pro Jahr gibt es nicht, da die Be¬rufs¬feuerwehren bedarfsgerecht, das heißt unter anderem unter Berücksichtigung der Anzahl der voraussichtlich Ausscheidenden ausbilden. Über den Umfang der Einstellungen entscheiden die Kommunen in eigener Verantwortung. Bei den beiden großen Berufsfeuerwehren Hannover und Braunschweig erfolgt in der Regel einmal im Jahr eine Einstellung.

Bei Erfordernis wurden auch schon zwei Ausbildungslehrgänge in einem Jahr begonnen. Die kleineren Berufsfeuerwehren bilden im Schnitt alle zwei bis drei Jahre aus. Bei insgesamt 1964 hauptamtlichen Brandschützerinnen und Brandschützern in Niedersachsen und einer durchschnittlichen Verweilzeit von 35 Jahren besteht ein rechnerischer Bedarf von ca. 56 An¬wär-terinnen und Anwärtern pro Jahr. Im Jahr 2011 werden die Berufsfeuerwehren Hannover (15), Braunschweig (17), Salzgitter (15) und Wolfsburg (11) je einen Ausbildungslehrgang durchführen. Insgesamt werden 58 Anwärterinnen und Anwärter eingestellt.

Zu 2.:
Der Beruf des Feuerwehrmanns bzw. der Feuerwehrfrau ist nach wie vor sehr attraktiv. Die
Anzahl der Bewerbungen zeigt den Wunsch vieler junger Menschen, als Brandschützerinnen
bzw. Brandschützer tätig sein zu wollen. Dem hohen körperlichen und geistigen Anforde-rungsprofil entspricht nur ein Teil der Bewerber. Dem Bedarf an einen großen Bewerberpool läuft die demografische Entwicklung entgegen, wodurch in Zukunft weniger junge Bürge¬rinnen und Bürger zur Verfügung stehen werden. Die Handlungsbedarfe beziehen sich derzeit primär auf Standorte, die einen großen Bedarf an Anwärterinnen und Anwärtern haben bzw. deren Einzugsgebiete relativ klein sind oder in Ballungsräumen liegen. So sind beispielhaft die Standorte Hannover und Braunschweig betroffen, die insgesamt ca. 46% der gesamten hauptamtlichen Kräfte stellen. Wilhelmshaven hat die Bedarfe aufgrund seiner Randlage an der Nordsee.

Zu 3.:
Die Gewinnung von Nachwuchskräften obliegt primär den Berufsfeuerwehren im eigenen Wir-kungskreis. Die Landesregierung hat die Problematik frühzeitig aufgegriffen und un¬ter¬stützt nach ihren Möglichkeiten die Nachwuchsgewinnung von hauptamtlichen Brand¬schützerinnen und Brandschützern.
Eine Maßnahme der Landesregierung zur Sicherung des Berufsfeuerwehrnachwuchses ist das zusammen mit der AGBF Niedersachsen entwickelte Modell der vor die Feuerwehr¬ausbildung geschalteten handwerklichen Ausbildung durch einen Ausbildungsdienstleister. Das angesprochene Modell läuft im Jahr 2011 erstmalig an. Primäres Ziel ist der direkte Zu¬gang von Schulabgängern zum Beruf. Somit können die Berufsfeuerwehren im Wettbewerb mit der Wirtschaft um die besten Nachwuchskräfte werben. Beamtenrechtliche Anpassungen oder Änderungen sind nicht erforderlich, da in der Umsetzungsphase bereits die Schnitt¬stellen exakt definiert wurden. Vorteilhaft ist der IHK-Abschluss eines Lehrberufes und somit der nahtlose Anschluss der beamtenrechtlichen Laufbahn.

Die Landesregierung fördert neben der konzeptionellen Arbeit auch durch finanzielles Enga-gement die Ertüchtigung dieses weiteren Zugangsweges zur Berufsfeuerwehr. Es werden die Kosten des Pilotlehrganges, die durch den Ausbildungsdienstleister anfallen, als För¬der-maßnahme zur Nachwuchsgewinnung für die Berufsfeuerwehren in Niedersachsen
übernommen.
Darüber wird auch über die Umsetzungsphase hinaus das Projekt durch das Innenmini¬sterium weiter aktiv begleitet. Eine weitere Maßnahme zur Sicherung des beruflichen Nachwuchses ist die Errichtung der Niedersächsischen Akademie für Brand- und Kata¬strophenschutz am Standort Scheuen, mit der durch Schaffung von idealen Voraus¬setzungen für die praktische und theoretische Aus- und Fortbildung die Grundlagen einer zu¬kunftsorientierten Feuerwehrausbildung geschaffen werden.

Weitergehend wird z.Zt. die Maßnahme zur Schaffung eines Studienganges umgesetzt, bei dem das Studium in Verbindung mit feuerwehrtechnischer Ausbildung absolviert wird. Dieses Modell für die Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt der Fachrichtung Feuerwehr soll kompakt das Erreichen der Befähigung für den Einstieg in die Laufbahngruppe 2, vormals gehobener Dienst, ermöglichen. Der Zeitansatz bis zur Laufbahnbefähigung verringert sich um zwei Jah¬re. Vorteilhaft ist hier die Zugangsmöglichkeit für Abiturienten und die frühzeitige Bindung der Studierenden an die Feuerwehren.
Die Landesregierung ist derzeit in der Umsetzungsphase des Maßnahmenpaketes der Stu¬die zur „Sicherstellung des Brandschutzes in Niedersachsen unter besonderer Berück¬sichtigung des demografischen Wandels“.
Alle Maßnahmen der Landesregierung zur Förderung des Brandschutzes greifen direkt oder
In¬direkt in die Nachwuchssicherung der Berufsfeuerwehren ein. Die Stärkung des Eh¬ren¬amtes und einer attraktiven Freiwilligen Feuerwehr weckt auch das Interesse am Haupt¬amt.